Mit dem Gesetz zur ganztägigen Förderung von Kindern im Grundschulalter (Ganztagsförderungsgesetz – GaFöG) hat der Gesetzgeber mit Inkraftreten am 12. Oktober 2021 beschlossen eine Betreuungslücke zu schließen, die nach der Kita für viele Familien entsteht, sobald die Kinder eingeschult werden.
Das Ziel besteht drin, dass ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote Kinder im Grundschulalter stärken und den Eltern bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf helfen sollen.
Folgende Rahmenbedingungen zum Rechtsanspruch wurden festgelegt:
- Jedes Kind hat von der ersten bis zur vierten Klasse in der Grundschule einen Anspruch auf ganztägige Förderung in einer Tageseinrichtung.
- Der Rechtsanspruch wird stufenweise ab dem Schuljahr 2026/2027 eingeführt, beginnend in Klassenstufe 1.
- Er umfasst umfasst acht Stunden an allen fünf Werktagen in der Woche.
- Er gilt auch für die Zeit der Schulferien. Das Landesrecht kann eine Schließzeit der Einrichtung im Umfang von bis zu vier Wochen im Jahr während der Schulferien regeln.
Der Anspruch tritt am 1. August 2026 in Kraft. Er gilt dann zunächst für Kinder der ersten Klassenstufe und wird in den Folgejahren jeweils um eine Klassenstufe erweitert, sodass er ab August 2029 für die Klassenstufen eins bis vier gilt.
Quelle: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – BMFSFJ
Weitere Informationen finden Sie unter www.recht-auf-ganztag.de
Ergänzend sei angemerkt, dass sich der Rechtsanspruch an den Träger der Jugendhilfe des Landkreises richtet, d.h. für Ostfildern ist hier analog des KiTa-Anspruchs der Landkreis Esslingen verantwortlich (Vgl. Klagemöglichkeiten).
Situation Ostfildern (Stand 03.09.2024)
Auf Antrag der SPD Fraktion hat sich der Gemeinderat Ostfildern in seiner Sitzung am 08.11.2023 mit dem Thema befasst, wie sich die aktuelle Betreuungssituation darstellt und die Stadtverwaltung den Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung umsetzen möchte.
Aus dem Beschlussprotokoll vom 08.11.2023 (TOP 9.1) geht hervor, dass eine “… Vorlage mit weiteren Informationen (ist) für eine der kommenden Sitzungsrunden geplant” ist.
Das Thema wurde für die Sitzung am 24.01.2024 (TOP 7.1) erneut auf die Agenda genommen, jedoch lt. Sitzungsprotokoll mit dem Hinweis “Die Verwaltungsführung sagt eine Information in einer der nächsten Sitzungsrunden zu. Es müssen noch die Rahmenbedingungen geklärt werden.” wieder vertagt.
In einer weiteren Sitzung vom 17.04.2024 (TOP 17.2) hat die SPD Fraktion erneut einen Antrag gestellt, eine Gesamtkonzeption durch die Verwaltung ausarbeiten zu lassen, welche gemäß dem Beschlussprotokoll auch entsprechend beauftragt wurde.
Schließlich wird in der Sitzung vom 19.06.2024 (TOP 4.1) auf den Antrag gemäß Beschlussprotokoll mündlich geantwortet: “Das Staatliche Schulamt Nürtingen teilt mit, dass die individuellen Vorortberatungen nicht mehr durchgeführt werden. Im Juli gibt es zwei landkreisweite Veranstaltungen für Gemeinderät*innen, Elternbeiräte, Eltern und Interessierte. Diese finden am 16.07.2024 in Dettingen/Teck und am 18.07.2024 in Esslingen in der Seewiesenschule jeweils von 19-21 Uhr statt.” und auf das zugehörige Infoschreiben des Landkreis Esslingen aufmerksam gemacht.
Kritische Würdigung
Die Präsentation der Stadtverwaltung (Seite 5) erhebt zwar die Zahl der Schüler*innen und Inanspruchnahme des aktuellen Betreuungsangebots und kommt damit für ganz Ostfildern auf eine Quote von 51%. Die Zahl der Anspruchsberechtigen 2026/27 bis 2029/30 wird auf Seite 10 von einer Quote von 57,1% (Bezugsjahr 2022/23) ausgegangen und mit einer Erhöhung um ca. 10% geplant.
Diese Ableitung ist in keinster Weise klar und nachvollziehbar. Auf Seite 5 fehlen bereits klare, absolute Angaben wie viele Betreuungsplätze aktuell schon nicht erfüllt werden können. Ebenso ist intransparent, wie denn die ermittelten Quoten sowie Erhöhungsannahmen (z. B. durch Demographie, Umzüge etc.) zustande kommen. Weiterhin geht aus der Unterlage nicht hervor, wie die Anspruchsberechtigen ermittelt wurden oder welche Annahme diesbezüglich zugrunde gelegt wird. Ebenso wäre sicherlich geschickt, den Hochlauf (Ramp-Up) von zunächst Betreuungsbedarf Klassenstufe 1 für das Schuljahr 2026/27 bis Klassenstufen 1-4 in 2029/30 darzustellen und diese mit einem vorhandene und geplanten Betreuungsangebot zu spiegeln. Die bisher zugänglichen und gesichteten Dokumente scheinen daher auch hinsichtlich einer belastbaren Normgebungsdokumentation auf Basis entscheidungsrelevanter Tatsachen nicht tragfähig.
Die bisherige Ableitung und Konzeption lässt daher erahnen, dass die Schulkindbetreuung in ein ähnliches Dilemma wie die Kita-Situation fallen wird, wenn die Stadverwaltung hier nicht eine echte Perspektive schafft und tragfähigere Planungen und Konzeptionen vorlegt sowie deren Umsetzung vorantreibt.
Bei näherer Betrachtung des oben dargestellten Sitzungsverlaufs und der Behandlung des Themas im Gemeinderat Ostfildern mutet dieser schon seltsam und ernüchternd an. Einerseits hinsichtlich des längeren zeitlichen Verlaufs ohne konkretes, brauchbares Ergebnis. Anderseits die zuletzt in der Sitzung vom 19.06.2024 getätigte mündliche Aussage (siehe oben), die zwar als Antwort auf die Anfrage der SPD Fraktion dargestellt wird, jedoch inhaltlich keine Sachantwort enthält. Leider geht aus den Sitzungsprotokollen nicht eindeutig hervor, ob das Thema nunmehr im Gemeinderat weiterverfolgt wird oder mit der letzten Antwort abgeschlossen ist. Es bleibt daher zunächst abzuwarten, ob und inwieweit sich Gemeinderat und Stadtverwaltung weiter und noch deutlich intensiver mit der notwendigen Perspektive zur Schulkindbetreuung befassen werden. (Stand: 03.09.2024)
Jetzt ist auf jeden Fall noch Zeit genug, um sich auf die kommende Herausforderung vorzubereiten und richtig zu investieren. Entscheidend ist, dass die Verantwortlichen in Stadtverwaltung und der Gemeinderat auch den Willen bezeugen und entsprechende Beschlüsse zur Maßnahmenumsetzung fassen.