Am 2. Oktober 2024 hat der Gemeinderat die Benutzungsgebühr der Kindertagesstätten erhöht. Dem lag die Vorlage Nr. 142/2024 zu Grunde. Zukünftig gibt es keine Deckelung der Gebühren mehr. Die Möglichkeit, die Gebühr unter bestimmten Umständen erlassen zu bekommen, bleibt erhalten. Dies solle laut Begründung eine gerechtere Kostenverteilung gewährleisten. Zudem müsse die Gebührenkalkulation sicherstellen, dass die Gesamtkosten der Einrichtung auf die Nutzer umgelegt werde und keine zusätzlichen Kosten entstünden, die die tatsächlichen Ausgaben überschreiten. Darüber hinaus dürfe sie nicht teurer sein als vergleichbare Angebote, was die Kostenstruktur der öffentlichen Einrichtung konkurrenzfähig halten solle.
Ob diese Ziele erreicht werden, scheint uns fraglich. Tatsächlich scheint das Gegenteil zu greifen.
Um eines vorwegzunehmen: Wir begrüßen eine solidarische Verteilung der Lasten. Dies ist Teil der Solidargemeinschaft. Die bestehenden Kitas sind wichtig und sollen auch ausreichend ausgestattet erhalten bleiben.
Dies ist aber nicht die zwingende Aufgabe der Gebühren, wie in der Begründung argumentiert wird. Denn die Gemeinde hat hier Spielraum. Es besteht gerade nicht die Pflicht, eine Kostendeckung herbeizuführen.
Stattdessen führen die Gebühren nur zu einer Erhöhung der Entgelte anderer Einrichtungen. Denn nicht die Gebühren der Stadt müssen konkurrenzfähig sein, sondern diese geben den Markt vor. Die Gemeinde stellt die meisten Plätze zur Kinderbetreuung entweder selbst bereit oder tut dies vertraglich angebundene KiTas, die deshalb die Gebührenstruktur übernehmen müssen. Damit bestimmt sie den Preis auf dem ganzen Markt. Wenn die Stadt die Preise anzieht, besteht für andere Einrichtungen (Tageseltern, private Kitas die nicht kommunale Vertragspartner sind usw.) ebenfalls die Möglichkeit, die Preise anzuheben. Ähnlich wie im sozialen Wohnungsbau.
Wenn man der Argumentation folgen würde, dass die Gebühren die Kita tragen, dann wäre jeder Bescheid, bei welchem eine Familie die Gebühren reduziert oder erlassen werden zu gleich ein Nachteil für alle anderen Eltern. Denn diese müssen die Gebühren dann mittragen und müssen mit der nächsten Gebührenerhöhung rechnen. Möchte man diesen Unfrieden stiften? Ob eine solidarische Finanzierung unter den Eltern (anstelle aus Steuermitteln) zulässig ist, dürfte auch haushaltsrechtlich nicht so einfach zu bewerten sein.
Ein weiterer Punkt sind die nun viel höheren Gebühren für besser situierte Familien, vor allem wenn sie mehrere Kinder haben, wie auch der Gemeinderat anmerkt.
Für diese ergibt es finanziell weniger Sinn, die Kinder in eine kommunale Kita zu geben. Es wird attraktiver, eine Nanny anzustellen. Anstatt soziale Gebühren erreicht man so die Zunahme prekärer Arbeitsverhältnisse. Oder es lohnt sich für den zweiten Elternteil nicht mehr, arbeiten zu gehen. Das ist meistens die Frau. Die dadurch weniger Rentenanwartschaften erzielt, ihre Karriere behindert, und auch diese Art von Selbstverwirklichung nicht verwirklichen kann. Zurück in alte Zeiten: Frauen nach Hause zu den Kindern?! Eine moderne Familienpolitik sieht anders aus. Und mit den derzeitigen Preisen sind viele Familien auf das zweite Einkommen angewiesen. Alleinstehende Erziehende übrigens auf ihr einziges Einkommen noch viel mehr.
Bereits bei einem Kind kann die private Kita die bessere Alternative sein. Sie kann mehr für’s Geld bieten. Denn aus dem Entgelt müssen keine Plätze für Kinder mit geringeren Gebühren oder sogar gebührenfreie Plätze mitfinanziert werden. Zudem zahlen private Kitas häufig auch mehr Gehalt, wodurch zusätzlich leichter Personal von den kommunalen Kitas abgeworben werden können.
Zwangsläufig stellt sich damit die ketzerische Frage: Ist das vielleicht sogar gewollt? Sollen Eltern ihre Kinder lieber anderweitig unterbringen? Besteht die Absicht, dass andere Angebote im Vergleich zur städtischen Kita attraktiver werden? So lässt das Problem der zu wenigen Kita-Plätze durch die Hintertüre auch lösen. Ohne entsprechende Nachfrage gibt es auch kein Problem mehr.
Die Folge ist, dass die kommunale Kita kein Spiegelbild der Gesellschaft mehr sein wird. Momentan wachsen alle Kinder gemeinsam auf. Sie lernen voneinander. Es gibt keine kulturellen Grenzen. Kein wohlhabenden oder arm. Hier wird gesellschaftlicher Kitt für die kommende Generation erzeugt. Solidarität gelernt. Wenn nun besserverdienende Eltern ihre Kinder anderweitig in Betreuung geben, dann lernen beide Seiten nicht mehr voneinander. Die Gesellschaft wird bereits im Kleinkindalter gespalten. Wir sehen das als massiven Nachteil!
Daneben wurden neue Zwischenstufen eingeführt. Diese sind eine faktische Gebührenerhöhung für jene Eltern, die unterhalb der bisherigen nächsthöheren Stufe waren und jetzt in die neue Zwischenstufe fallen. Dies hat auch der Gemeinderat angemerkt.
Zugleich gibt es auch etwas Positives. Denn es wurde nun geregelt, dass ab 10 Schließtagen die Gebühr gekürzt wird. Warum dies lediglich monatsbezogen berechnet wird, erschließt sich uns allerdings nicht. Wo ist der Unterschied, ob eine längere Schließung über die Monatsgrenze hinaus stattfindet? Was passiert, wenn bei Notbetreuung das Kind wechselweise immer zwei Tage pro Woche kommen darf? Denn bei längeren Schließzeiten oder Wechselbetreuung müssen die Eltern für Ersatz in der Kinderbetreuung sorgen und dafür zahlen, und sie sind zudem mit den (jetzt noch höheren) Kita-Beiträgen belastet. Das ist unabhängig davon, ob neun der zehn Schließtage in einem anderen Monat lagen oder aufeinander gefolgt sind.
Zu hohe Kita-Gebühren haben Folgen
– Sie führen zu höheren Kita-Gebühren bei privaten Anbietern
– Sie führen dazu, dass KiTas zu Auffanggruben jener Eltern werden,
welche sich keine andere Kita leisten können
– Das Erlernen von sozialer Pluralität geht verloren
– Sie sind eine Methode, um Personal zu sparen
Zu den erhöhten Gebühren kommt jetzt auch noch dazu, dass die Warteliste eine Bepunktung erhalten hat. Die Stadt gibt an, dass vierteljährlich die Kinder auf der Warteliste mit den offenen Plätzen in den Einrichtungen abgleichen werden. Dieser Termin entfällt im Januar, der nächste findet erst Anfang April statt. Begründung war, dass das Punktesystem noch nicht abgeschlossen ist und noch nicht alle Kinder auf der Warteliste ihre Punkte erhalten haben. Ich finde diese Tabelle der Bepunktung auf der Homepage der Stadt nicht und auf meine Mail, wie viele Punkte meine Tochter besitzt habe ich noch keine Antwort erhalten. Dürfen Eltern dies „nachkontrollieren“? Woher nimmt die Stadt, die Informationen, die sie für die Bepunktung der Kinder benötigt? Mir fehlt ganz klar die TRANSPARENZ, die in der Stadtrundschau angepriesen wurde…
Eine meiner persönlichen Erfahrungen ist, dass ich mehrfach für unseren jüngsten Sohn bei der Stadt Ostfildern nachgefragt hatte, ab wann wir denn nun einen Platz bekommen würden, nachdem dieser abgelehnt wurde und das Datum des angefragten Betreuungstarts näher gerückt ist. Ergebnis: keine Antwort seit Frühjahr 2024 – bis heute. Es scheint daher wohl eher so, dass man normale Anfragen gekonnt / bewusst ignoriert. Das ist nach einigen Recherchen auch keine Ausnahme, sondern handhaben inzwischen einige Städte und Kommunen so. Die Vermutung liegt nahe, dass bewusst nicht geantwortet wird, um sich nicht angreifbar zu machen. Meine persönliche Empfehlung aus den Erfahrungen der letzten Monate ist einfach: Nach einem Ablehnungsbescheid eines entsprechenden Betreuungsplatzes formal schriftliche Widerspruch einlegen, sowohl bei der Stadt als auch parallel direkt beim Landratsamt Esslingen, da dieses juristisch zuständig ist. Anschließend am besten einen Anwalt einschalten und/oder Klage beim Verwaltungsgericht einreichen (geht auch grundsätzlich ohne Anwalt). Bei vertieften Interesse gerne unter kitaplatzklage@kitastrophe-ostfildern.de melden.